Gefährliche Situation beim rückwärts Einparken

  • Gefährliche Situation beim rückwärts Einparken
     Nachtfee
      schrieb am Dienstag, 13. Juli 2010
    Ich hatte gestern eine Situation, bei der ich gerne mal wissen würde, wie ihr diese beurteilt:

    Ich fuhr mit meinem Wagen an einem Bahnhof auf einen Parkplatz ein. Dieser ist so beschaffen, dass die Fahrbahn einspurig ist und als Einbahnstrasse gekennzeichnet ist.

    Auf der linken Seite finde ich eine Parkbucht (parallel zur Fahrbahn). Ich zeige mit Blinker an, dass ich in diese einparken möchte, fahre an ihr vorbei, stoppe und sichere nach Hinten ab, dass der nachfolgende Verkher erkennt, dass ich jetzt einparken möchte. Prima. Der Nachfolger stoppt. Ich beginne mit dem Einparken. Da die Lücke etwas knapp ist, mache ich das sehr langsam.

    Kurz vor dem Moment, in dem der Ausschlag der Wagenfront das Maximum erreicht, wird er hinter mir wartende Wagen von einer Radfahrerin rechts überholt. Ihr stehe ich nun voll im Weg, was sie aber offenbar dazu motiviert, es dennoch zu versuchen. Bis sie bei mir ist, verstellt der Wagen ihr vollends den Weg, sie muss bremsen.

    Dies quitiiert sie mit lauten Pöbeleien. Ich lasse das Fenster herunter und entschuldige mich dafür, dass ich sie nicht gesehen habe, sie pöbelt weiter, während ich den Enparkvorgang abschliesse.

    Frage nun:
    Wäre es zu einem Unfall gekommen, wie wäre die Schuld zu sehen? Hat jemand Erfahrungen mit so einer Situation?

    Folgendes liegt auf der Hand:
    - Wer rückwärts fährt muss sich besonders absichern und hat erhöhte Sorgfaltspflicht. Ich hätte sie sehen müssen, habe sie aber nicht gesehen, bzw als das Absichern stattfand, war sie noch nicht sichtbar.

    - Sie hat den haltenden PKW des Nachfolgers rechts überholt

    - Sie muss mich deutlich rechtzeitig beim Einparken gesehen haben und auch erkannt haben. Da sie rechts überholt hat, konnte sie vermutlich weder Blinker noch Rückfahrleuchte sehen - sie erreichte aber den Ort, als fast der maximale Ausshlag des Wagens bereits bestand.
  • Thema
    Re: Gefährliche Situation beim rückwärts Einparken
    Autor
      kk145
      schrieb am Dienstag, 13. Juli 2010
    Text
    >Ich fuhr mit meinem Wagen an einem Bahnhof auf einen Parkplatz ein. Dieser ist so beschaffen, dass die Fahrbahn einspurig ist und als Einbahnstrasse gekennzeichnet ist.

    Ob das dann wirklich ein "Parkplatz" war, möchte ich bezweifeln. Wenn schon so beschildert ist, handelt es sich eher um eine ganz normale Straße - mit Parkmöglichkeiten. Davon gehe ich im Folgenden aus.


    >Dies quitiiert sie mit lauten Pöbeleien. Ich lasse das Fenster herunter und entschuldige mich dafür, dass ich sie nicht gesehen habe, sie pöbelt weiter, während ich den Enparkvorgang abschliesse.

    Zwei Dinge, die ich nicht tun würde: Mich auf dieses Niveau einlassen (das beginnt schon mit dem Öffnen des Fensters) und mich ohne Not für eine Situation entschuldigen, in der ich glaube im Recht zu sein. Am Ende meint die Radfahrerin noch, sie hätte alles richtig gemacht ...

    Jedenfalls erhöht dieses Verhalten das Risiko der Eskalation - das muss nicht sein.


    >Frage nun:
    >Wäre es zu einem Unfall gekommen, wie wäre die Schuld zu sehen?

    Man muss hier zwischen der straf-/ordnungswidrigkeitenrechtlichen Seite und der zivilrechtlichen Haftung für Schäden unterscheiden. Die wesentlichen Argumente hast du selbst genannt:

    >- Wer rückwärts fährt muss sich besonders absichern und hat erhöhte Sorgfaltspflicht. Ich hätte sie sehen müssen, habe sie aber nicht gesehen, bzw als das Absichern stattfand, war sie noch nicht sichtbar.

    Das wird immer wieder gerne vergessen: Es ist nicht nur eine besondere Sorgfaltspflicht. Das Ergebnis dieser Sorgfalt steht ganz klar in der StVO, § 9 Abs. 5:

    "[...] beim Rückwärtsfahren muß sich der Fahrzeugführer darüber hinaus so verhalten, daß eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist; [...]"

    Allein die Tatsache, dass es beim Rückwärtsfahren zu einem Unfall gekommen ist - ganz egal, ob und wie du das hättest verhindern können - ist schon ein Fehlverhalten.

    >- Sie hat den haltenden PKW des Nachfolgers rechts überholt

    Das darf sie grundsätzlich. Dazu §5 Abs. 8 der StVO:

    "Ist ausreichender Raum vorhanden, dürfen Radfahrer und Mofa-Fahrer Fahrzeuge, die auf dem rechten Fahrstreifen warten, mit mäßiger Geschwindigkeit und besonderer Vorsicht rechts überholen."

    Wenn sie dabei aber mit einem Fahrzeug kollidiert, war ja wohl offensichtlich doch nicht "ausreichender Raum vorhanden" - sonst hätte sie ja einfach um dich herum fahren können. Außerdem trifft auch sie hier eine besondere Sorgfaltspflicht.

    >- Sie muss mich deutlich rechtzeitig beim Einparken gesehen haben und auch erkannt haben. Da sie rechts überholt hat, konnte sie vermutlich weder Blinker noch Rückfahrleuchte sehen - sie erreichte aber den Ort, als fast der maximale Ausshlag des Wagens bereits bestand.

    Ja, das riecht nach einem Verstoß gegen das Sichtfahrgebot, besonders § 11 Abs. 3 StVO:

    "Auch wer sonst nach den Verkehrsregeln weiterfahren darf oder anderweitig Vorrang hat, muß darauf verzichten, wenn die Verkehrslage es erfordert; [...]"

    Ob das aber beweisbar ist, steht auf einem anderen Blatt.

    Ihr habt euch beide ordnungswidrig verhalten. Für die Radfahrerin geht das mit einer Verwarnung ab (es könnten verschiedene Tatbestände passen, aber alle werden mit 35 € geahndet, außerdem wird der Satz für Radfahrer ohnehin halbiert - in den Punktebereicht kommt sie nicht), für dich wird es etwas ernster: Der Unfall beim Rückwärtsfahren schlägt mit 100 € und 2 Punkte zu Buche. Das ist außerdem ein A-Verstoß, d.h. es kommt zu Probezeitfolgen.

    Das Fehlverhalten des jeweiligen Unfallgegeners ist dabei nicht relevant - jeder hat sich falsch verhalten und wird dafür bestraft.

    Bei Personenschäden wird zusätzlich ein Strafverfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung eingeleitet.


    Auf der zivilrechtlichen Seite tippe ich auf 50/50. Aber du weißt ja: Vor Gericht und auf hoher See ...Auf den Beitrag antworten

  • Thema
    Re: Re: Gefährliche Situation beim rückwärts Einparken
    Autor
      Nachtfee
      schrieb am Dienstag, 13. Juli 2010
    Text
    >>Ich fuhr mit meinem Wagen an einem Bahnhof auf einen Parkplatz ein. Dieser ist so beschaffen, dass die Fahrbahn einspurig ist und als Einbahnstrasse gekennzeichnet ist.
    >
    >Ob das dann wirklich ein "Parkplatz" war, möchte ich bezweifeln. Wenn schon so beschildert ist, handelt es sich eher um eine ganz normale Straße - mit Parkmöglichkeiten. Davon gehe ich im Folgenden aus.

    Hmmmm, auf Google von oben hast Du recht, wenn Du die Strasse aus der Sicht eines Autos siehst, sieht das nicht so aufgeräumt aus:

    http://maps.google.de/maps?f=q&source=s_q&hl=de&geocode=&q=altona+bahnhof&sll=51.151786,10.415039&sspn=14.464217,29.663086&ie=UTF8&hq=&hnear=Altona&ll=53.552276,9.936439&spn=0.000916,0.001961&t=h&z=19

    Es handelte sich um die Parkbucht direkt links von "Platz" des "Paul-Nevermann-Platz". :-)

    Also ja -> eine vollwertige Strasse. Aber nein -> nicht wirklich fliessender Verkehr. Zusätzlich turnen da natürlich aufgrund des Bahnhofes dauernd die Fussgänger über die Strassen, so dass man nur unter grösster Vorsicht einparken kann.

    >Zwei Dinge, die ich nicht tun würde: Mich auf dieses Niveau einlassen (das beginnt schon mit dem Öffnen des Fensters) und mich ohne Not für eine Situation entschuldigen, in der ich glaube im Recht zu sein. Am Ende meint die Radfahrerin noch, sie hätte alles richtig gemacht ...
    >
    >Jedenfalls erhöht dieses Verhalten das Risiko der Eskalation - das muss nicht sein.
    >

    Hmm, mag sein. Ich bezweckte damit allerdings eher Deseskalation. Das ich mich höflich entschuldigt habe, war ja nicht ironisch gemeint. Ich finde es nicht falsch, sich zu entschuldigen, da mir ja klar war, dass ich beim Rückwärtsfahren IMMER vorsichtig sein muss. Ich breche mir jedenfalls keinen Zacken aus der Krone. ;o)


    >
    >Auf der zivilrechtlichen Seite tippe ich auf 50/50. Aber du weißt ja: Vor Gericht und auf hoher See ...

    Nun ist ja glücklicherweise nichts passiert, ausser dem Ego der Dame. Probezeit oder sowas gibt's für mich nicht mehr... aber dennoch gibt es ja immer wieder Situationen im Verkehr, bei denen man sich hinterher fragt, was da jetzt gerade schief gegangen ist.

    Ich bin mir nicht sicher, ob ich sie überhaupt hätte sehen können. Das Dumme am Rückwärtsfahren ist ja, dass man am besten dahin schaut, wohin man fährt. Die Schwenkbewegung war ja fast vollständig abgeschlossen, insofern war nur noch hinten interessant. Im Spiegel ist jemand, der bei dem Winkel auf den Wagen zufährt vermutlich voll im toten Winkel und durch den nachfolgenden, stehdenden Wagen hätte ich sie auch erst sehen können, als sie diesen passiert hat. Von da aus ist es dann eine Wagenlänge bis zur Motorhaube.

    Mein Resume ist: Jep, ich hätte sie sehen müssen. Vermutlich hätte ich sie aber unter normalen Umständen nicht sehen können.

    Eben eine typische Situation, in der man eben verliert, wenn der andere Verkehrspartner ebenfalls nicht aufpasst.

    Auf den Beitrag antworten

  • Thema
    Re: Re: Re: Gefährliche Situation beim rückwärts Einparken
    Autor
      kk145
      schrieb am Dienstag, 13. Juli 2010
    Text
    >Es handelte sich um die Parkbucht direkt links von "Platz" des "Paul-Nevermann-Platz". :-)
    >
    >Also ja -> eine vollwertige Strasse. Aber nein -> nicht wirklich fliessender Verkehr. Zusätzlich turnen da natürlich aufgrund des Bahnhofes dauernd die Fussgänger über die Strassen, so dass man nur unter grösster Vorsicht einparken kann.

    Das passt trotzdem zu meiner Einschätzung: Die etwas dunkleren Bereiche sind eine gewöhnliche Straße.


    >Ich bezweckte damit allerdings eher Deseskalation. Das ich mich höflich entschuldigt habe, war ja nicht ironisch gemeint. Ich finde es nicht falsch, sich zu entschuldigen, da mir ja klar war, dass ich beim Rückwärtsfahren IMMER vorsichtig sein muss. Ich breche mir jedenfalls keinen Zacken aus der Krone. ;o)

    Da habe ich gar keine Zweifel, weder an deiner Absicht noch daran, dass dir dabei kein Zacken aus der Krone bricht. Nur setzt in solchen Situationen bei einigen Zeitgenossen der Verstand völlig aus. Da ist es besser keine Angriffsfläche zu bieten (keine Diskussion, soll sie doch draußen herumgackern), als auf die Kraft der Vernunft zu setzen :)


    >Eben eine typische Situation, in der man eben verliert, wenn der andere Verkehrspartner ebenfalls nicht aufpasst.

    So sehe ich das auch. Die Radfahrerin hätte die Situation - ganz abseits von irgendwelchen Überlegungen zur Schuld - am einfachsten entschärfen können.

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